Lisboa – Lissabon, Sintra
2012

Vielleicht ist es nur Wunschdenken, aber meine Erinnerung spiegelt mir ein Bild vor, das den Torre de Belém – den früheren Leuchtturm unweit der Tejo-Mündung – romantisch im Licht der Abendsonne, umgeben von den Silhouetten großer Palmen, zeigt. Das mit der Abendsonne ist eine Frage des Timings und ein paar Palmen gibt es tatsächlich in der Nähe, aber so sehr ich mich bemühe: Einen geeigneten Kamerastandpunkt für das romantische Bild in meinem Kopf finde ich nicht. Immerhin gelingt eines aus dem kleinen Palmengestrüpp neben dem Touristen-Café.

In jedem Jahr zig-tausend mal fotografiert – nun auch von mir: Ein Foto ohne Palmen und im Gegenlicht (weil das Timing nicht stimmt). Ursprünglich ragte der Turm, der als Leuchtturm, Wachturm, Waffenlager und Gefängnis diente, etwas vom Ufer entfernt aus dem Wasser des Tejo. Aber weil der Uferbereich aufgeschüttet wurde, steht er heute nur noch ein paar Meter vor der Promenade des Stadtteils Santa Maria de Belém und kann bei Niedrigwasser trockenen Fußes erreicht werden. (Aber bequemer geht es auch dann über den kurzen Steg.)
Santa Maria de Belém – oder einfach Belém – ist der westlichste Stadtteil Lissabons. Der Tejo mündet keine 10 km von hier in den Atlantik. Östlich von Lissabon, also landeinwärts, verbreitert sich der Tejo zu einer Art Bucht, die sich kurz vor der Mündung in den Ozean noch einmal verengt. Genau an dieser schmalen Stelle des Tejo liegt Lissabon, ausgebreitet an seinem Nordufer.
Santa Maria de Belém – oder einfach Belém – ist der westlichste Stadtteil Lissabons. Der Tejo mündet keine 10 km von hier in den Atlantik. Östlich von Lissabon, also landeinwärts, verbreitert sich der Tejo zu einer Art Bucht, die sich kurz vor der Mündung in den Ozean noch einmal verengt. Genau an dieser schmalen Stelle des Tejo liegt Lissabon, ausgebreitet an seinem Nordufer.

Die Ostseite des 1521 fertiggestellten Turms.

Die fast weißen Ornamente aus Kalkstein wecken Assoziationen an ausgeblichene Gebeine.

Die einzige Treppe in dem Turm – für beide Richtungen.

Ansicht des Mosteiro dos Jerónimos (Hieronymus-Kloster) von hinten. (Vorne steht einem Foto eine über 100 Meter lange Touristenschlange vor dem Eingang im Wege und gegen ein Foto von innen spricht im Augenblick dieselbe Schlange.)

Das Kloster stammt aus derselben Epoche wie der Torre de Belém und liegt nicht weit von ihm entfernt.

In der Straße hinter dem Kloster: der Samen der Jacaranda.

Im Mai schmückt sich Lissabon violett – mit den glockenförmigen Blüten der Jacaranda mimosifolia. (Bitte Phantasie spielen lassen, denn es ist ja schon August.)

In den Sommermonaten trösten die magenta-farbenen Bougainvillea über das verpasste violette Ereignis hinweg.

Ihre leuchtenden Blätter sind keine Blütenblätter. Die eigentliche Blüte ist unscheinbar und wird von den farbigen Blättern umhüllt.

An einigen Orten verzaubert der Oleander die Stadt.

Früchte von Rhododendron.

Die Früchte von ... (wird später eingefügt) im Jardim Botânico Tropical, dem Botanischen Tropen-Garten, direkt neben dem Mosteiro dos Jerónimos in Belém.

Die Maulbeer-Feige – Ficus sycomorus – im Jardim Botânico Tropical.

Unbekannte violette Blüten.

Eingangsportal des (leider verschlossenen) Gewächshauses im Jardim Botânico Tropical.

Das Gewächshaus von hinten: zwar pittoresk, aber nicht mehr funktionstüchtig. Doch nicht zuletzt dieser morbide Charme, dem man in Lissabon nicht nur im Jardim Botânico Tropical begegnet, macht die Großstadt attraktiv, liebenswert und einzigartig.

Einer der überraschenden Ausblicke im Jardim Botânico Tropical.

Blick in den nicht mehr öffentlichen Bereich.

Nicht für Blicke der Besucher bestimmt. (Aber genau deshalb besonders interessant.)

Krone einer Dattelpalme.

Datteln an der Palme.

Datteln unter der Palme.

Am Tejo-Ufer zwischen Belém und der Innenstadt stehen vereinzelt alte, museal gepflegte Kaikrane.

Sie gehören zum Museu da Electricidade, dem Elektrizitätsmuseum.

Die „Independence of the Seas“ an der „Gare Marítima de Alcântara“, einem von drei Kreuzfahrtterminals in Lissabon.

Die 1966 fertiggestellte „Ponte 25 de Abril“ wurde später so benannt: nach dem Aufstand am 25. April 1974 gegen die fast 50 Jahre währende Diktatur in Portugal.

Eine der zahlreichen Treppen in Lissabon.

Im Hintergrund das Südufer des Tejo, die Christus-Statue in Almada und die Brücke, davor der Containerhafen, an dem auch Kreuzfahrtschiffe anlegen, sowie der Yachthafen Doca De Alcântara.

1755 wurde der größte Teil Lissabons bei einem verheerenden Erdbeben zerstört. Besonders betroffen war der tiefliegende Bereich im Zentrum der Stadt. Unmittelbar nach dem Erdbeben begann der Wiederaufbau. Man nutzte die Chance für die Konzeption einer vollständig neuen Innenstadt mit schachbrettartig angelegten breiten Straßen und großen Plätzen: die Baixa Pombalina. Der erst 1875 fertiggestellte Arco da Rua Augusta am Praça do Comércio, direkt am Tejo, ist eine Art Eingang zur Baixa Pombalina. Von hier ausgehend führt die Rua Augusta als zentrale Achse der Baixa Pombalina in Richtung Norden. Sie wird nach einer leichten Linksbiegung durch die Prachtstraße Avenida da Liberdade verlängert und danach durch die Grünanlage Parque Eduardo VII.

Blick vom oberen Ende des Parque Eduardo VII über den Praça Marquês de Pombal (der Platz mit der Statue des Marquês de Pombal) auf die Avenida da Liberdade (die grünen Bäume hinter der Statue). Im Hintergrund der Tejo und das gegenüberliegende Ufer.

Dattelpalmen auf einer Verkehrsinsel.

Eine offenbar leerstehende Villa in einem verwilderten Garten.

In Lissabon sind viele ältere Gebäude verlassen.

Die leerstehenden Häuser verfallen, und nicht selten steht nur noch die Fassade.

Hier sind nur noch die Mauern der Erdgeschosse übrig geblieben. Lissabons Bevölkerung schrumpft zahlenmäßig: 1980 hatte die Stadt rund 800.000 Einwohner, 2010 waren es nur noch 500.000.

Blick durch die Rua Costa. Im Hintergrund, über den Dächern die Ponte 25 de Abril.

Die Graffiti-Sprayer finden reichlich Fläche für ihre Pieces.

Street Art hat in Lissabon einen besonderen Stellenwert und findet sich an vielen Mauern und Fassaden. Von einfachen Tags über aufwändig und routiniert gesprühte Graffiti bis zu innovativ-künstlerischen Werken. Das fotorealistische Portrait des Künstlers Brad Downey hat der Portugiese Alexandre Farto (Künstlername „Vhils“) 2011 aus der Wand gearbeitet.

Fassadenmalerei an der Avenida Fontes Pereira de Melo im Stadtteil Saldanha. Das Krokodil stammt von Ericailcane, die Vögel von Lucy Mclauchlan. Links schließen sich weitere malerisch gestaltete Fassaden an.

Diese kleinen Straßenbahnen mit hölzerner Innenausstattung stammen aus den 30er- und 40er-Jahren, sind aber mit modernerer Technik ausgestattet. Wegen des kurzen Achsstandes, der auf dem Foto gut zu erkennen ist, werden die Fahrgäste ordentlich durchgeschüttelt: Vor allem, wenn der Wagen auf gerader Strecke, z. B. in Richtung Belém, mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit über die Schienen düst. Die Straßenbahnen sind mit zwei Stromabnehmersystemen ausgestattet: ältere Stangenstromabnehmer mit Kontaktrolle und neuere Stromabnehmer mit Schleifbügel. Auf dem Foto sind beide zu erkennen: der Stromabnehmer mit Schleifbügel ist hochgefahren und der Stangenstromabnehmer befindet sich hinten (links) in Ruheposition. Ein paar Fotos weiter unten sind Wagen der Linie E28 mit aktivem Stangenstromabnehmer zu sehen.

Die Schienenfahrzeuge nehmen am normalen Straßenverkehr teil: Wenn ein anders Fahrzeug im Wege steht, müssen sie warten.

Die alte Straßenbahn auf der Linie E28 bewältigt den Berghang zum Castelo de São Jorge mühelos wie eine junge Bergziege,…

…während sich die Gegenrichtung ganz auf die Bremswirkung der mitlaufenden Motoren verlässt.

Jugendliche Straßenbahn-Surfer in der Rua Augusto Rosa, wo die Bahn nicht allzu schnell den Berg hinauf fährt.

Die E28 neben der Catedral Sé Patriarcal (rechts). Hier kann man erkennen, dass beim Betrieb mit Stangenstromabnehmer der Fahrdraht dem Verlauf des Gleises genau folgt, denn Knicke sind nicht möglich, weil dort die Rolle am Ende der Stange herausspringen würde. Die Straßenbahn in Lissabon ist die einzige in Europa, die noch Stangenstromabnehmer verwendet. Die letzte Straßenbahn in Deutschland mit Stangenstromabnehmern im normalen Linienverkehr war übrigens die Hamburger.

Die Catedral Sé Patriarcal, die Hauptkirche der Stadt Lissabon.

Im Innern.

Eine Pietà in der Catedral Sé Patriarcal.

Sonne, Fenster und Säule = Lichtspiel.

Oben auf dem Hügel, an dessen Hang sich auch die Kirche befindet, liegt das Castelo de São Jorge.

Die Festung wurde Mitte des 11. Jh. von den Mauren gebaut und diente nach der Eroberung durch den ersten portugiesischen König, D. Afonso Henriques, als Königsburg.

Durchblick in der Festungs-Ruine.

Der Tejo, vom Castelo de São Jorge gesehen.

Hier sieht man, dass die Brücke über dem Nordufer des Tejo ein Stück als Viadukt weitergeführt wird, bevor sie rechts auf höher gelegenes Terrain stößt.

In Richtung Westen schaut man über die tiefer liegende Innenstadt auf die gegenüberliegenden Hügel. in der Bildmitte das große Dach des Bahnhofs Rossio, von dem ausgehend die Vorortbahn zu der etwa 25 km entfernt liegenden kleinen Stadt „Sintra“ fährt.

Das Kloster Convento da Graça, durch ein Fenster in einem der Burgtürme gesehen.

Blick in Richtung Norden.

Ein gesicherter Flucht- und Versorgungsweg zwischen Burg und Außenwelt.

Blick über die Häuser am Hang des Hügels sowie die tiefer liegende Innenstadt Baixa Pombalina auf den Tejo und die Brücke.

Der Ascensor da Bica, einer der drei „Aufzüge“ – so werden in Lissabon die Standseilbahnen genannt – die tiefer gelegene Teile der Innenstadt mit höher gelegenen verbinden.

Hier kreuzt eine normale Straße die Trasse der Seilbahn.

Die drei Standseilbahnen in Lissabon sind eigentlich Zwitter aus Straßenbahn und Bergbahn: Wie eine Straßenbahn werden sie mit eigenen Elektromotoren in Bewegung gesetzt und wie bei einer Bergbahn sind zwei Wagen über ein Stahlseil miteinander verbunden, dass wie bei einer Kabelbahn unterirdisch läuft. Das Seil wird an der oberen Station über ein Rad (ohne Antrieb) geleitet und bewirkt einen Massenausgleich der beiden gegenläufig fahrenden Wagen. Besonders raffiniert ist die Steuerung der Motoren: Damit sie immer gemeinsam betrieben werden, sind die Motoren beider Wagen in Reihe geschaltet. Der Strom wird im ersten Wagen nicht wie üblich über die Erde abgeleitet, sondern zurück nach oben in einen zweiten Leitungsdraht geschickt, über den der andere Wagen versorgt wird. In beiden Fahrzeugen befinden sich Unterbrecher des Stromkreises. Nur wenn beide geschlossen sind, setzen sich die Wagen in Bewegung.

Der Ascensor da Bica kurz vor seiner „Tal“-Station.

Der Ascensor da Glória. Im unteren Bereich ist die steile Gasse so schmal, dass die beiden Gleise ineinander gesetzt sind. Vor der Begegnungsstelle trennen sie sich. Trotz dieser Enge fahren sogar noch Autos durch die Gasse: Die Garagen einiger Anwohner münden direkt auf den Fahrweg der Bahnen.

Ein Foto, das beim Überwinden der Metallspitzen eines Zaunes vollen körperlichen Einsatz erforderte und ein (nun zerrissenes) T-Shirt kostete.

Ein anderes Verkehrsmittel: Zwischen der Innenstadt Lissabons und Almada am Südufer des Tejo pendeln die Fähren des Verkehrsunternehmens Transtejo.

Gasse unweit vom Tejo-Ufer in Almada

Fischrestaurant in Almada.

Geradezu schüchtern bleibt die Katze in einigen Metern Distanz von den Tischen des Fischrestaurants sitzen und hoffte mit devotem Blick auf den ein oder anderen Happen.

Sprechblase: „Ich bin dann mal weg“. Denkblase: ‚Dieser blöde Fotografʻ. (Alternativtitel: Wo ist die Eule versteckt?)

Der Weg entlang des Tejo, zurück zur Fähre.

Ende der Bahnsteige des Bahnhofs Rossio: Ausgangspunkt für einen Ausflug nach Sintra – einem kleinen Ort, etwa 25 km nordwestlich von Lissabon. Sofort hinter dem Bahnhof geht es in einen Tunnel, durch einen der sieben Hügel Lissabons.

Der Palácio Nacional de Sintra – seit dem Ende des 14. Jh. bis zum Ende des 19. Jh. der bevorzugte Sommersitz des Königshauses. Seit 1995 ist die „Kulturlandschaft Sintra“, zu der weitere Anlagen gehören (u. a. das Maurenkastell und der Pena-Palast), Weltkulturerbe der UNESCO.

Erstes Ziel: Das Maurenkastell, wahrscheinlich ursprünglich aus dem 9. Jh., diente als Wachposten über die Küste und Lissabon.

Auf dem Weg nach oben: Wildnis mit Felsen, die dort wie hingewürfelt liegen.

Riesige Eukalyptusbäume am Hang.

Keine irdischen Nasenlöcher, sondern maurische Getreidesilos.

Die Flagge mit der Aufschrift „Sintra“ in arabischer Schrift (von hinten, daher seitenverkehrt) erinnert an den Ursprung der Festung.

Blick aus der Festung in Richtung Osten: Die Bebauung in der rechten Bildhälfte ganz hinten gehört zu Lissabon. Entlang der Eisenbahntrasse zwischen Lissabon und Sintra ist das Gelände lückenlos bebaut. Im Vordergrund liegt Sintras Stadtteil São Pedro de Penaferrim.

Im Westen liegt der Atlantik (mit niedrigem Dunst über dem Wasser).

Der Pena-Palast vom Maurenkastell gesehen.

Hier hat ein offensichtlich gelangweilter ehemaliger Prinzgemahl seine Kreativität ausgelebt. Nach dem Tod seiner Ehefrau, Maria II., Königin von Portugal, und der Übernahme des Throns durch seinen Sohn widmete sich Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha den bildenden Künsten. Er entwarf den Palácio Nacional da Pena über den Ruinen eines Klosters, indem er unterschiedliche historische Stile kombinierte. Herausgekommen ist eine Art Disney World des 19. Jahrhunderts. Man spricht auch vom Neuschwanstein Portugals. Sehenswert ist der Palast aber trotzdem, auch wegen der vollständig erhaltenden Inneneinrichtung aus dem späten 19. Jahrhundert.

Im Eingangsbereich des Palastes.

Blick nach unten in den Sockel eines Turmes im Bereich des früheren Klosters. Der auf nackten Fels gesetzte Turm besteht im unteren Bereich nur aus einer leeren Hülle.

Ausblick nach Westen.

Blick vom höchsten Punkt der „Serra de Sintra“, dem kleinen Sintra-Gebirge, (592 m ü. d. M.) auf den „Palácio Nacional da Pena“.

Das ist der Weg. Das Gute daran ist, dass die allermeisten Touristen, die sich (nicht selten mit Badelatschen beschuht) per Reisebus zum Palast kutschieren lassen, längst abgehängt sind.

Wohin wohl führt dieser Schlund? …

… Etwa 20 Meter in den Berg hinein. Zwei Seitenstollen, die vom Hauptgang abzweigen, enden nach jeweils einigen Metern. Mit Hilfe der Taschenlampen-App auf dem iPhone konnte die künstliche Höhle erkundet werden. Dem Beiwerk moderner Telekommunikation sei Dank!

Und nun als Kontrast ein Foto aus der Wildnis Norwegens. – Unsinn: Die Serra de Sintra fängt die Wolken vom Atlantik ab, so dass auch im Hochsommer üppiges Grün gedeiht.

Zurück in Sintra: Ein letzter Blick hoch zum Maurenkastell vor der Rückfahrt nach Lissabon.
Nachschlag

Zwar fahren in Lissabon wunderschöne alte Straßenbahnen, aber das Ticketsystem des öffentlichen Nahverkehrs ist ultramodern, wenngleich ein wenig gewöhnungsbedürftig (Stand von 2012): Man kauft am Automat für 50 Cent eine leere „Viva Viagem“-Karte im Scheckkarten-Format, die sich elektronisch mit einem oder mehreren Tickets aufladen lässt. Entweder Einzelfahrten oder 24-Stunden-Tickets können geladen, aber nicht gemischt werden. Jederzeit lassen sich an den Automaten, die z. B. in den Metrostationen stehen, neue Tickets derselben Art hinzufügen. Wenn eins verbraucht ist, wird beim nächsten Mal automatisch ein neues verwendet, sofern noch eins geladen ist. Beim Einsteigen in ein Verkehrsmittel hält man die Karte gegen einen kleinen Kasten, der durch ein grünes oder rotes Lämpchen signalisiert, ob die Fahrt von einem geladenen Ticket gedeckt ist. Ein solches Kärtchen kann dann ein Jahr genutzt und immer wieder neu beladen werden. Da es aber aus Papier besteht, muss es gehegt und gepflegt werden, wenn es die 12 Monate überleben soll.
Leider haben sich die Betreiber der öffentlichen Verkehrsmittel in Lissabon nicht auf einen umfassenden Verbund einigen können, so dass man zwar für Metro, Straßenbahn und Bus dieselbe „Viva Viagem“-Karte verwenden kann, aber zum Beispiel für den Eisenbahn-Nahverkehr und für die Fähren auf dem Tejo jeweils eigene „Viva Viagem“-Karten benötigt. Dummerweise unterscheiden sich die Kärtchen äußerlich so gut wie gar nicht, so dass man mehrere nahezu identisch aussehende Dauer-Tickets bei sich trägt – eine für jedes Verkehrsunternehmen und womöglich zusätzlich differenziert nach Ticketarten.
Als ob das nicht bereits verwirrend genug wäre: Neben der grünen „Viva Viagem“-Karte gibt es die blaue „7 Colinas Card“. Sie scheint sich außer im Design nicht von der „Viva Viagem“-Karte zu unterscheiden. Aber das ist ja nur konsequent: Wenn es Karten mit unterschiedlichen Funktionen gibt, die völlig gleich aussehen, warum dann umgekehrt nicht auch eine Karte mit ganz anderem Aussehen, aber derselben Funktionalität?
Die Funktionalität der Karten basiert auf der RFID-Technologie (RFID steht für radio-frequency identification). In der Karte aus kräftigem Papier steckt ein Mikrochip, der mit einer elektrisch leitenden Spule aus nur vier Windungen verbunden ist, die sich großflächig in der Karte ausbreitet. Diese Spule dient sowohl als Energieempfänger für dem Mikrochip, als auch als Antenne zum Empfang und zur Rückgabe von Informationen. Erstaunlich, was sich alles in dem flachen quadratischen Mikrochip mit einer äußeren Kantenlänge von nur etwa einem Millimeter befindet: die analoge Empfangs- und Sendeelektronik, ein Gleichrichter für die Betriebsspannung, ein kleiner Kondensator zum Puffern von elektrischer Energie, ein digitaler Controller (im Prinzip ein winziger Computer) und der nichtflüchtige Datenspeicher, in dem Art, Ablaufzeit und Anzahl der Tickets festgehalten werden. Um den Chip mit Energie zu versorgen, wird in dem Schreib/Lesegerät (der Kasten, an den in der Straßenbahn die Karte gehalten wird) ein hochfrequentes elektromagnetisches Feld erzeugt. Die große Spule in der Karte funktioniert dann wie eine Transformatorwicklung, in der durch Induktion eine Wechselspannung generiert wird. Diese Wechselspannung dient nicht nur der Stromversorgung des Chips, sondern auch als Träger der zu übermittelnden Informationen, die auf die Amplitude moduliert werden (z. B. neue Tickets aufladen, bereitstehende Tickets abfragen, benutzte Tickets entwerten). Die Karte antwortet durch gezieltes Kurzschließen der Spule, wodurch das elektromagnetische Feld jeweils ein wenig abgeschwächt wird. Diese Abschwächung wird von einem Sensor in dem Schreib/Lesegerät registriert und ausgewertet. So bekommt der Kasten in der Straßenbahn zum Beispiel die Information, ob ein gültiges Ticket vorhanden ist, und kann entsprechend das grüne oder das rote Lämpchen einschalten.
Einen ersten Eindruck vom Innenleben einer „Viva Viagem“-Karte erhält man beim Betrachten im Gegenlicht (Bild links oben), einen zweiten, wenn man sie eine Viertelstunde in lauwarmem Wasser einweicht. Dann lösen sich drei Papierschichten voneinander und der Aufdruck blättert ebenfalls von selbst ab. Die beiden äußeren Papierschichten dienen dem Schutz der inneren, zur mechanischen Stabilisierung der Karte und als Träger des Aufdrucks. Auf die innere Papierschicht ist die elektrisch leitenden Spule gedruckt und der Mikrochip geklebt (Bild rechts unten). Weil sich an einer Stelle die elektrischen Leitungen kreuzen, sind bei der Herstellung mehrere Druckvorgänge notwendig: für die unten liegende Spule, für eine Isolationsschicht (türkis) und für die darüber liegenden elektrischen Verbindungen zum Mikrochip. Der Mikrochip ist das kleine schwarze Quadrat. Auch an der intakten Karte kann man ihn als einen kleinen vorstehenden „Knubbel“ ertasten.
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